Ratingen

Stadtgeschichte

Erste Erwähnung und Namensbedeutung

Aufgrund von Gräberfunden im Ratinger Stadtzentrum geht man davon aus, dass der Ort seit rund 2500 Jahren besiedelt ist. Die Ersterwähnung Ratingens findet sich im ältesten Chartular der Abtei Werden und wird auf die erste Hälfte des 9. Jahrhunderts datiert.

Im Chartular der Abtei Werden wird der Ortsname Hretinga bzw. Hratuga geschrieben. Über die Bedeutung des Namens wurde viel spekuliert. Als ausgeschlossen kann gelten, dass er von einem Rad oder einer Waldrodung herrührt. Die plausibelsten Annahmen gehen entweder auf einen Eigennamen zurück – der Ort des Hratan (des Flinken) – oder aber auf das altniederfränkische  bzw. althochdeutsche Wort für Honigwabe oder Flechtwerk râta bzw. râza. Damit wäre Ratingen der Ort der Bienenzucht oder schlicht ein eingezäunter Wohnplatz. Spätestens in der Stadterhebungsurkunde wurde der moderne Namen Ratingen etabliert.

 

Erhebung zur Stadt

Die Stadterhebung datiert auf den 11. Dezember 1276. Damit ist es die älteste Stadtgründung im niederbergischen Raum. Ziel des Grafen Adolf V. von Berg war es wohl, an einer strategisch günstigen geographischen Lage nahe des kurköllnischen Kaiserswerth eine eigene befestigte Stadt zu etablieren. Da Ratingen bereits kurz nach der Stadtgründung das Recht zur Erhebung einer Akzise (indirekten Steuer) durch Graf Adolf erhielt, wurde sie in die Lage versetzt, die Stadt im Laufe mehrere Jahre und Jahrzehnte durch eine mächtige Stadtmauer mit Wehrtürmen und einem Wassergraben zu befestigen.

 

Hauptstadt der Grafschaft Berg

Trotz der Konkurrenz durch das benachbarte Düsseldorf blieb Ratingen im Mittelalter eine prosperierende Stadt, dies auch, weil Ratingen neben Wipperfürth, Lennep und Düsseldorf einer der vier Hauptstädte der Grafschaft Berg war. Aufgrund der älteren Stadtgründung war das Ratinger Gericht zudem den Gerichten von Düsseldorf, Gerresheim und Mettmann als Hauptgericht und Konsultationsinstanz übergeordnet. Von wirtschaftlicher Bedeutung war die Verleihung des Grütprivilegs im Jahr 1341 („Grüt“ ist eine Kräutermischung, die ursprünglich zur Würze und zur Erhaltung des Bieres gebraucht wurde; später löste der besser schmeckende und auch heute noch verwendete Hopfen die Grüt ab), damit wurde Ratingen das Monopol auf den Verkauf von Grüt im Bezirk Angermund übertragen. Des Weiteren  von Bedeutung waren Handwerke, die die Fließgewässer nutzen konnten, z. B. Schleifer und Müller. Die Tatsache, dass die Waren Ratinger Schmiede z. B. über den Markt von Antwerpen vertrieben wurden, zeugt von deren überregionalen Stellenwert.

Mit dem wirtschaftlichen Erfolg Ratingens verbunden war auch ein starkes Bevölkerungswachstum, was dazu führte, dass im 14. Jahrhundert vor den Toren der Stadt einige Vordörfer entstanden und zudem Neubürger in der Honschaft Heide und in Tiefenbroich angesiedelten. Die drei Vordörfer Oberdorf, Vowinkel und Bechheim wurden zum Teil ab dem 15. Jahrhundert durch Gräben, Mauern und Tore befestigt.

 

Kirche und Reformation

Als älteste Kirche Ratingens gilt St. Peter und Paul in der Innenstadt. Die ältesten Fundamentreste datieren auf das 8. Jahrhundert. In den Folgejahrhunderten wurde die Kirche am Ratinger Markt immer wieder überbaut, vergrößert und an den jeweiligen Architekturstil angepasst. Spätestens seit dem 12. Jahrhundert hatte St. Peter und Paul den Status einer Pfarrkirche.

Die Reformation hielt um 1565 in Ratingen Einzug. da die protestantischen Gemeinden sich schnell etablieren konnten, sind in den Folgejahren die ersten evangelischen Christen in Ratingen nachweisbar. Bereits 1584 existiert eine reformierte Gemeine in Ratingen und 1611 durften sowohl die lutherische, wie die reformierte Gemeine im Rathaus öffentlich den Gottesdienst zelebrieren. Die eigentlich katholische Katharinenvikarie wurde zudem im selben Jahr auf die beiden protestantischen Prediger Daniel Goldbach und Theodor Stricker übertragen. Bereits 1612 wurde die Vikarie jedoch wieder auf einen katholischen Schulmeister zurückübertragen. In den Jahren 1668 bis 1687 wurde die reformierte Stadtkirche errichte, der älteste reformierte Sakralbau im Herzogtum Berg.

 

Frühe Neuzeit

In der frühen Neuzeit beginnt aber auch der zeitweise Niedergang Ratingens. Während des 30-jährigen Krieges wurde die Stadt 1641 durch kaiserliche Truppen geplündert und weitgehend zerstört. Im späten 18. Jahrhundert verfiel die Stadtmauer. Auch die Stadttürme und die Kirche St. Peter und Paul verfielen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sichtbar oder wurden ganz abgebrochen. In dieser Zeit basierte die Ratinger Wirtschaft vor allem auf dem Brennen von Kalk und Ziegeln, aber auch das traditionell starke Schmiedehandwerk war weiter präsent, dazu kam eine wachsende Zahl an Papierfabriken. Als nennenswertes größeres Bauprojekt im Stadtkern kann in dieser Zeit neben der Stadtkirche die Errichtung des Minoritenklosters 1656 gelten.

Es dauert einige Jahrzehnte, bis sich Ratingen wieder erholte. Ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg der wirtschaftlichen Erholung war 1783 die Gründung der ersten mechanischen Baumwollspinnerei auf dem europäischen Kontinent durch den Elberfelder Kaufmann Johann Gottfried Brügelmann vor den Toren der Stadt, in der Gemeinde Eckamp gelegen, auch wenn die Fabrik zunächst primär ungelernten Arbeitern Beschäftigung bot.

 

Industrialisierung und kommunale Neugliederung

Es dauerte noch weitere 100 Jahre, bis die Industrialisierung und damit Urbanisierung auch in Ratingen Fahrt aufnahm. Ratingen wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts vor allem für die metallverarbeitenden Industrie bekannt.  Für deren Aufstieg und damit auch dem wirtschaftlichen Wiedererstarken Ratingens sorgte neben dem regionalen Vorkommen von Formsand vor allem der Anschluss an den Schienenverkehr mit Düsseldorf und dem westlichen Ruhrgebiet ab 1872.

Bei der ersten kommunalen Neugliederung im 20. Jahrhundert wuchs Ratingen 1930 durch Eingemeindung der Gemeinde Eckamp und Rückeingemeindung von Tiefenbroich. Bei der 2. kommunalen Neugliederung wurden 1975 die Ämter Angerland und Hubbelrath aufgelöst. Die Gemeinden Lintorf, Hösel, Breitscheid, Eggerscheidt und Homberg-Meiersberg wurden mit Ratingen zu einer neuen Stadt Ratingen vereinigt. Die Stadt feierte im Folgejahr bereits das Jubiläum 700 Jahre Stadterhebung.

 

Zweiter Weltkrieg und Wiederaufbau

Im März 1945 wurde die Ratinger Innenstadt bei einem Luftangriff weitgehend zerstört. Ratingen ist die durch den Krieg am stärksten zerstörte Stadt im Kreis Düsseldorf-Mettmann. Das rasante Bevölkerungswachstum der Wirtschaftswunderjahre führte ab 1965 zur Planung und zum Bau des neuen Stadtteils Ratingen-West (ehemals Eckamp).

 

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Wappen der Stadt Ratingen
Wappen der Stadt Ratingen

Zusammenfassung

Inhalt

Einordnung

Epoche(n):

  • vor 1500
  • 1500 - 1806
  • 1806 - 1870/71
  • 1870/71 - 1918
  • 1918 - 1933
  • 1933 - 1945
  • 1945 - 1974
  • ab 1975

Stadt (heutige Zuordnung):
Ratingen

Zugeordnete Kategorien

Quellen / Literatur

  • Eckhard Bolenz u. a.: Ratingen. Geschichte 1780 bis 1975, Essen 2000.
  • Elfi Pracht-Jörns: Ratingen, in: Landschaftsverband Rheinland (Hrsg.): Rheinischer Städteatlas, Lieferung XVII Nr. 89, Köln 2008.
  • Verein für Heimatkunde und Heimatpflege Ratingen e. V. (Hrsg.): Ratingen. Geschichte von den Anfängen bis 1815, Essen 2004.

Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Artikels die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an:

				
					Dr. Sebastian Barteleit, Ratingen, in: Kreislexikon Mettmann, abgerufen unter: https://kreislexikon-mettmann.de/orte/gemeinden/stadt-ratingen/ (abgerufen am 18.04.2024)
				
			
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